Meier, Kurt "Meier 19" (1925-2006)


Identifikation

Signatur:

Ar 143

Entstehungszeitraum / Laufzeit:

1963-1996

Umfang:

0.6 m


Kontext

Verwaltungsgeschichte / Biographische Angaben
Kurt Meier wurde am 24. September 1925 in Schöfflisdorf geboren und trat nach Schule, Lehre, Rekrutenschule sowie einer Anstellung als Mechaniker am 1. Juni 1948 im Alter von 22 Jahren ins Polizeikorps der Stadt Zürich ein. Im Verlaufe einer vielversprechenden Karriere begann sich der Polizeibeamte Kurt Meier mit der korpsinternen Nummer 19 (Meier 19) immer mehr an Fällen von Protektion, unzulässiger Beeinflussung und krasser Ungleichbehandlung in seinem Arbeitsumfeld zu stossen. Zentraler Aspekt solcher Vorkommnisse war stets das Gefälle zwischen hochgestellten und einflussreichen Persönlichkeiten einerseits und den unteren Beamten und Angestellten andererseits.

Ab 1965 bemühte sich Kurt Meier intensiv um die polizeiinterne Abklärung einiger Vorkommnisse. Er gewann aber den Eindruck, dass er auf diesem Weg nur hingehalten würde und keine Aussicht auf Erfolg hatte. Deshalb wandte er sich 1967 via die Anwältin G. Heinzelmann, der Leiterin des damaligen Büros gegen Amts- und Verbandswillkür, an die Öffentlichkeit. Dabei benutzte er interne Polizeiakten als Belege.

Diese Amtsgeheimnisverletzung führte zu einer massiven Reaktion und hatte neben seiner unehrenhaften Entlassung ein Gerichtsverfahren zur Folge. Kurt Meier zog das Urteil über sämtliche Instanzen weiter und ging seinerseits juristisch und in der Öffentlichkeit in die Offensive. Im Zentrum seiner Bemühungen stand neben persönlicher Rehabilitation die Wiederaufnahme der Abklärungen zum Zahltagsdiebstahl von 1963: Die Stadtpolizei war damals vom Zahltagsdiebstahl direkt betroffen und hatte „in eigener Sache“ ergebnislos und ganz offensichtlich mangelhaft ermittelt. Kurt Meier stellte nun W. Hubatka, den Chef der Kriminalpolizei, als Hauptverdächtigen des Deliktes dar.

Die Gerichte aller Ebenen hatten sich in der Folge bis ins Jahr 1976 mit Meier 19 als Kläger oder Beklagtem zu beschäftigen. Aber auch in einer breiten Öffentlichkeit wurde Meier 19 und sein Kampf in den Gerichten und gegen die Gerichte wahrgenommen. Das Thema des kleinen Beamten, der die empörenden Machenschaften und Trägheiten in den oberen Etagen seines Arbeitgebers angeprangert hatte und darauf dessen ganze Härte und zusätzlich die krompromisslose Haltung der Justiz zu spüren bekam, wurde 1968 von der politischen Bewegung gegen eine starre und korrupte Obrigkeit gerne aufgenommen.

Die Geschichte des Detektivwachtmeisters Meier 19, der unterdessen als Folge des jahrelangen verlorenen Kampfes in einfachen Verhältnissen lebt, wurde 1996 noch einmal in der Presse aufgegriffen und 1997 wurde ein Buch zu Person und Fall Meier 19 veröffentlicht. 2000/2001 entstand ein Film zum Thema Meier 19.
Übernahmemodalitäten
Die Übernahme des Bestandes aus dem Privatarchiv von Frau Dr. G. Heinzelmann wurde im Sommer 1996 vereinbart.

Inhalt und innere Ordnung

Form und Inhalt
Zeitungsartikel zum Fall Meier 19 im speziellen und zu den Themenkreisen „Gleichheitsprinzip“, „Willkür“ und „Interessensverfilzung“ in Ämtern, Behörde und Justiz. Es sind Artikel aus den Jahren 1967 bis 1996. Der weitaus grösste Teil ist im Original vorhanden. Vereinzelt handelt es sich um Kopien.

Pressedienst-Material von Gertrud Heinzelmann als Leiterin des Büros gegen Amts und Verbandswillkür. Dabei handelt es sich ausschliesslich um Kopien.

Korrespondenz im Fall Meier 19. Neben Kurt Meier als Autor soll Gertrud Heinzelmann namentlich erwähnt werden. Dabei handelt es sich ausschliesslich um Kopien und Schreibmaschinen- Durchschläge.

Interne Dokumente, wie Unfall- und Einvernahmeprotokolle, Zeugnisse und Berichte betreffend die Zustände im Polizeikorps.

Protokolle von Gertrud Heinzelmann, welche als Anwältin und Leiterin des Büros gegen Amts- und Verbandswillkür die Interessen von Kurt Meier wahrgenommen hat. Es handelt sich um eine detaillierte Protokollierung der Ereignisse und Aktivitäten im Fall Meier 19 in der Form von Schreibmaschinen- Durchschlägen von ca.1967 bis 1976.

Amtliche und publizierte Dokumente, wie Gerichtsurteile, Protokolle und Berichte an politische Behörden. Es handelt sich ausschliesslich um Kopien.

Propagandamaterial und Drucksachen. Aufrufe zu Solidarität mit Meier 19, zu Spenden und zum Widerstand gegen die gegnerischen Instanzen von Meier 19. Das Meiste ist im Original vorhanden.
Bewertung und Kassation
Das Archiv enthielt viele Kopien in doppelter oder mehrfacher Ausführung, welche kassiert wurden. Einige Flugblätter waren mehrfach vorhanden. Dubletten wurden in den Kleinschriftenbestand integriert.
Neuzugänge
Es werden keine Neuzugänge erwartet.

Zugangs- und Benutzungsbedingungen

Zugangsbestimmungen
Der Bestand ist im Lesesaal des Schweizerischen Sozialarchivs ohne Benutzungsbeschränkungen einsehbar.
Sprache/Schrift
Unterlagen in deutscher Sprache

Sachverwandte Unterlagen

Veröffentlichungen
Literatur: Periodika:

Verzeichnungskontrolle

Informationen der Bearbeiter*in
Die Bearbeitung erfolgte im August 2001 (H. Vogt). Der umfangreiche Bestand an Protokollen aus dem Büro von Gertrud Heinzelmann war durchmischt mit Korrespondenz. Diese wurde herausgelöst und in den entsprechenden Mappen in chronologischer Ordnung integriert.