Eigenmann, Urs (*1946)


Identifikation

Signatur:

Ar 192

Entstehungszeitraum / Laufzeit:

1960-2017

Umfang:

1.4 m


Kontext

Verwaltungsgeschichte / Biographische Angaben
Urs Eigenmann ist ein Theologe römisch-katholischer Konfession, Philosoph und religiöser Sozialist. Geboren in Bern am 18. Juni 1946. Maturität an städtischem Gymnasium 1966. Studium der Philosophie und der Theologie in Luzern und Münster, Vikar in Basel und Assistent an der Universität Freiburg (im Üechtland). Abschluss 1972 mit Diplomarbeit „Kurzformeln des Glaubens. Diskussion und Theorien.“ Pastoralkurs der Diözese Basel in Luzern 1972 – 1973, Praktikum in Pfarrei St. Clara in Kleinbasel. Priesterweihe am Bistum Basel 1973. Vikar in Pfarrei St. Anton in Grossbasel August 1973 – September 1977. Ab WS 1977/78 Spezialstudium in Pastoral- oder Praktischer Theologie an Theologischer Fakultät der Universität Freiburg, Assistent am Lehrstuhl für Pastoraltheorie bei Prof. Guido Schüepp. Promotion 1984, Diss. „Politische Praxis des Glaubens. Dom Hélder Câmaras Weg zum Anwalt der Armen und seine Reden an die Reichen“. Pfarrer in Neuenhof und Killwangen 1984-1996. Sprecher der Sendung „Wort zum Sonntag“ des Schweizer Fernsehens 1986 – 1991. Zwischenzeitlich Vorstandsmitglied der Religiös-Sozialistischen Vereinigung.

„Ich gehöre zu dem Teil der 68er-Generation, dessen Marsch durch die Institutionen noch nicht in der Toscana geendet hat“, pflegte sich Eigenmann zuweilen vorzustellen, wie er in einem ausführlichen Interview mit der Zeitschrift Neue Wege ausführte. (Neue Wege 100, 2006, e-periodica.ch). Zentraler Begriff in Eigenmanns Leben ist das „Reich Gottes“. Die „Reich-Gottes-Theologie“ war von Leonhard Ragaz (1868 – 1945), dem Pionier der religiös-sozialen Bewegung in der Schweiz entworfen worden. Eigenmann diskutiert den Begriff und seine Konsequenzen für das Christentum und die Gesellschaft in der Publikation „Das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit auf Erden“ (SOZARCH Hf 1587) ausführlich. Im Interview mit Neue Wege umreisst er das „Reich Gottes“ nicht als fixen Zustand oder „in sich geschlossenes Modell, das es zu verwirklichen gilt“. Vielmehr enthalte es „Perspektiven, Leitlinien, Optionen“ um „Verhältnisse heute zu beurteilen und zu gestalten“. Die sozial-politischen Folgerungen sind revolutionärer Art. „Für Jesus geht es nicht um eine Verbesserung, sondern um eine Umkehr unserer Verhältnisse. Wenn er den Armen, und zwar den Bettelarmen, das Reich Gottes verheisst, dann sind Verhältnisse, in denen es diese Bettelarmen gibt, mit dem Reich Gottes nicht vereinbar. Dann bedeutet die radikale Umkehr, dass die Letzten die Ersten, die Ersten die Letzten sein werden.“

Seine politisch-religiöse Position und seine Kritik am „mittelständisch-bürgerlichen Christentum“ trugen Eigenmann zuweilen harsche Reaktionen ein, insbesondere in seiner Position als Sprecher der Sendung „Wort zum Sonntag“. Eigenmann griff in seinen Fernsehansprachen zahlreiche gesellschaftspolitisch brisanten Themen auf, wie etwa: Asylpolitik, die Schweiz im 2. Weltkrieg, Patriotismus, Imperialismus, Militarismus, die Abschaffung der Armee, Rassismus, Sexismus, Umwelt und Gentechnik, Energiepolitik, Armut und Chancengleichheit. Die Reaktionen reichten von zahlreichem Lob bis hin zu Morddrohungen.

Quellen:

- Wikipedia (Stand 07.06.2017)

- Interview mit Urs Eigenmann in Neue Wege, Band 100, 2006 (e-periodica.ch): „Ich bin Priester geworden, weil ich etwas bewegen wollte.

- Urs Eigenmann: Das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit für die Erde : die andere Vision vom Leben, Luzern 1998; Signatur: SOZARCH Hf 1587

- Lebenslauf von Urs Eigenmann aus dem vorliegenden Bestand: Signatur Ar 192.50.2
Übernahmemodalitäten
Der Vorlass von Urs Eigenmann wurde dem Schweizerischen Sozialarchiv im Januar 2017 durch Urs Eigenmann übergeben. Eine Nachlieferung erfolgte im Dezember 2018 [verzeichnet als Signaturgruppe SozArch Ar 192.61].

Inhalt und innere Ordnung

Form und Inhalt
Der Vorlass enthält u.a. sämtliche 33 Reden von Eigenmann als Sprecher der Sendung „Wort zum Sonntag“ in Textform, ebenso die zahlreichen Reaktionen (von Lob bis zu Morddrohungen), diesbezügliche Korrespondenz sowie Zeitungsartikel zu Kontroversen. Zudem enthält der Bestand die Manuskripte von über 650 Predigten Eigenmanns. Umfangreich dokumentiert ist auch das Wirken des brasilianischen Erzbischofs und Befreiungstheologen Dom Helder Camara (1909 – 1999), über welchen Eigenmann seine Dissertation schrieb.
Bewertung und Kassation
Kassiert: Gedrucktes Exemplar Diss. von Eigenmann zu Camara, mehrere Manuskripte der Diss., vollständige Druckvorlage der Diss., sowie verschiedene Monographien, teils aufgenommen in Bibliothek des Sozialarchivs.

Die gedruckten Publikationen von Urs Eigenmann sind im Bibliothekskatalog des Schweizerischen Sozialarchivs verzeichnet, u.a. die folgenden Titel:

Urs Eigenmann, Kurzformel des Glaubens, Freiburg [1978]

Urs Eigenmann, Am Rand die Mitte suchen : unterwegs zu einer diakonischen Gemeindekirche der Basis, Fribourg 1990

Urs Eigenmann, Hochgebete : Texte zum Teilen von Brot und Wein, Luzern 1997

Urs Eigenmann, Agape feiern : Grundlagen und Modelle, Luzern 2002

Urs Eigenmann, Hochgebete : Texte zum Teilen von Brot und Wein : Band II, Luzern 2004

Urs Eigenmann, Marias verbrannter Prophet : theopoetische Texte, Luzern 2006

Urs Eigenmann, Kirche in der Welt dieser Zeit : Praktische Theologie, Zürich 2010

Urs Eigenmann, Unterwegs beheimatet : caminopoetische und andere Texte, Luzern 2011

Urs Eigenmann, Von der Christenheit zum Reich Gottes : Beiträge zur Unterscheidung von prophetisch-messianischem Christentum und imperial-kolonisierender Christenheit, Luzern 2014
Neuzugänge
Es werden keine Neuzugänge erwartet.

Zugangs- und Benutzungsbedingungen

Zugangsbestimmungen
Der Bestand ist im Lesesaal des Schweizerischen Sozialarchivs ohne Benutzungsbeschränkungen einsehbar.
Sprache/Schrift
Unterlagen in deutscher, französischer, englischer und portugiesischer Sprache.

Sachverwandte Unterlagen

Verwandte Verzeichnungseinheiten
Veröffentlichungen

Verzeichnungskontrolle

Informationen der Bearbeiter*in
Der Bestand wurde im Juni 2017 von M. Gafner bearbeitet.