Verwaltungsgeschichte / Biographische Angaben
Gerold Meyer wird am 24. November 1900 in Zürich geboren. Nach dem Gymnasium und einem abgebrochenen Jus-Studium besucht er 1923 das Heilpädagogische Seminar. In den folgenden zwei Jahren arbeitet er in verschiedenen Lehrlingsheimen in Oesterreich. 1926 übernimmt er eine Stelle als Lehrer in Furna im Prättigau. Im selben Jahr heiratet er Leni van Hasz, eine Enkelin von Herman Greulich. Während der 1930-er Jahre unterrichtet er im „roten Zürich“ eine Sonderklasse im Schulhaus Kanzlei. In den vierziger und fünfziger Jahren ist er weiterhin als Lehrer tätig, das Theaterspiel mit Kindern und Jugendlichen wird jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg zu Meyers Hauptbeschäftigung: es entstehen die „mobilen Theater“ auf Tram, Schiff und Eisenbahn, deren Erlös meistens einer karitativen Institution (v.a. für die Jugend) zufliesst.
- Karussell-Theater (1937, 1938): Schultheater in mindestens zwei Fassungen.
- „Lach und sing, dänn gaht’s dr ring“ (1938, 1939): Singspiel für die Ferienkinder im ‘Mösli‘.
- Tram-Theater (1945): Tramwagen als Garderobe, offener Güterwagen als Bühne. Aufführung an verschiedenen Plätzen und Strassenecken von Zürich. Erlös für die Kriegsopfer.
- Schiff-Theater (1949): Schiff (‘Arche‘) auf dem Zürichsee als Bühne. Aufführungen an verschiedenen Anlegeplätzen. Erlös für das Kinderdorf Pestalozzi in Trogen.
- Eisenbahn-Theater (1950): „Mobiles Theater“ auf zwei Eisenbahnwagen. Erlös für das Kinderdorf Pestalozzi in Trogen.
- „Das Spiel vom gleichen Boot“ (1951/52): Theatertournee auf zwei Schleppkähnen („Schiffe des guten Willens“) auf dem Rhein: Theater- und Ausstellungsschiff. Organisiert vom Aktionskomitee ‘Jugend einigt Europa‘. Werbung und Erlös für eine „europäische Jugendstätte“ in Strassburg.
1960 kauft das Ehepaar Meyer-von Hasz in Brione s. Minusio im Tessin ein Stück Land, und es erfolgt der prozesshafte eigenhändige Bau des ‘Casale al Bivio‘, des ‘Hauses der Freundschaft‘, einer Siedlung zur Begegnung vorwiegend junger, pazifistisch eingestellter Menschen. Im Tessin ist G. Meyer als Lehrer an der Heimschule des Kindererholungsheimes Rivapiana in Locarno tätig.
Beruf und persönliches Engagement sind bei Gerold Meyer nicht zu trennen. Schon früh findet er zu einer pazifistischen Position und macht sich mit dem religiösen Sozialismus von Leonhard Ragaz bekannt, so dass er zu den wichtigen Begründern der Friedensbewegung gezählt werden kann. 1920 tritt er der sozialistisch-idealistischen Jugendgemeinschaft ‘Freischar‘ bei. Er ruft die antimilitaristische Zeitschrift „Nie wieder Krieg“ ins Leben und ist Gründungsmitglied des Internationalen Zivildienstes. Auch 1924, bei der Gründung der „Schweizerischen Zentralstelle für Friedensarbeit“ an der Gartenhofstrasse, der „Volkshochschule“ von L. und C. Ragaz, ist er dabei. Gerold Meyer engagiert sich ebenso aktiv beim Bau des Kinderfreunde-Ferienheims ‘Mösli‘ auf der Albiskette, einem Projekt der ‘Roten Falken‘, der Jugendorganisation der Sozialdemokratischen Partei, das 1931 eingeweiht werden kann. Die Beschäftigung mit Tanz, Theater und Musik - das Komponieren und Verfassen von Liedern und Gedichten, die Produktion von Singspielen und Theaterstücken ist bei Gerold Meyer stets Teil seiner Kinder- und Jugendarbeit, innerhalb, aber v.a. auch ausserhalb der Schule.
„Die zentrale Funktion, die der Erziehungs- und Bildungsarbeit (im Sozialismus von L. Ragaz) zugewiesen wurde, war ein Grund, weshalb Gerold nicht nur Lehrer wurde, sondern sich jahrzehntelang der Kinder- und Jugendarbeit widmete. Genauso wichtig war gewiss, dass diese Jugendarbeit ihm das Ausleben seiner Vielseitigkeit ermöglichte, die ganzheitlich mit Kopf, Hand und Herz im Gemeinschaftserlebnis aufgehen konnte.“ (Catherine Aubert)
Gerold Meyer stirbt am 29. Oktober 1990 in Brione s. Minusio.
Veröffentlichungen
ZA 04.9: „Ein Haus sucht seinen Besitzer“. Volksrecht, 22.4.1987. (04.9 ZA, Gerold Meyer)
Ar 201.25.3: Catherine Aubert: Gerold Meyer: „Die theorie hat mich nie interessiert“. VPOD-LM 63, 1989. (Ar 201.25.3, Mappe 2)