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Amnesty International Schweizer Sektion, Amnesty International Section Suisse, Amnesty International Sezione Svizzera


Identifikation

Signatur:

Ar AI

Entstehungszeitraum / Laufzeit:

1965-2012

Umfang:

45 m


Kontext

Abgebende Stelle
Amnesty International, Schweizer Sektion, Speichergasse 33, Bern
Verwaltungsgeschichte / Biographische Angaben
Die Schweizer Sektion von Amnesty International (Amnesty Schweiz) wurde offiziell auf den 1. Januar 1971 gegründet, die dazugehörige Gründungsversammlung fand allerdings schon am 25. Oktober 1970 in Zürich statt, und bereits Anfang der 1960er agierten erste Ableger von Amnesty International in der Schweiz. Eine erste Gruppe war 1964 in Genf entstanden; die ersten Treffen fanden in der Wohnung von Lothar und Ingeborg Belck statt. Die ersten drei Gefangenen, für die sich die Genfer Gruppe einsetzte, stammten aus dem damaligen Jugoslawien, aus Süd-Rhodesien und aus Burma. Am 3. Oktober 1967 führte die Genfer Gruppe eine erste Hauptversammlung durch; ab diesem Zeitpunkt ist auch von einer "Schweizer Sektion" die Rede. 1969 bildeten sich, unabhängig von den Genfer Pionieren und in Unkenntnis von deren Aktivitäten, auch in Zürich und Bern Amnesty-Gruppen. Die Stimmung an der Gründungsversammlung vom 25.10.1970 war offenbar recht gespannt; insbesondere die Mitglieder der Genfer Gruppen zeigten sich leicht pikiert. In den frühen 1970-er Jahren erlebte Amnesty International in der Schweiz eine rasante Entwicklung. 1974 wurde im Tessin eine italienischsprachige Gruppe gegründet. Mit André Daguet wurde 1980 der erste Zentralsekretär angestellt, nachdem bereits 1976 in Bern ein Büro eröffnet worden war. Amnesty Schweiz ist heute eine von insgesamt 53 Ländersektionen, die von der Zentrale in London mit Informationen über aktuelle Aktionsfelder informiert werden. Amnesty International zählte im Jahr 2011 49'000 Mitglieder und 131'000 SpenderInnen. Rund 2'000 Aktivmitglieder waren in 87 Gruppen aktiv.

Amnesty International entstand 1961 auf Initiative des britischen Rechtsanwaltes Peter Benenson (1921-2005), der im Guardian vom 28. Mai 1961 einen „Aufruf zur Amnestie“ veröffentlichte. Darin erklärte er, dass sich eine Gruppe von Anwälten, Autoren und Publizisten zusammengeschlossen hätten, um Portraits von neun Gewissensgefangenen, d.h. Menschen, die aufgrund ihrer Überzeugungen eingesperrt sind, zu publizieren. Auf der ganzen Welt sollten sich Menschen in Dreiergruppen Menschen organisieren und politische Gefangene aus dem Westen, Osten und Süden mittels Briefkorrespondenz unterstützten. Behörden sollten zum Handeln aufgefordert und Angehörige unterstützt werden. Insbesondere sollte auch den Gefangenen signalisiert werden, dass sie nicht in Vergessenheit geraten waren. Die damals neue Art von Aktivismus zielte darauf ab, die betroffenen Regierungen durch die Publikation der Geschichten ihrer Gewissensgefangenen unter Druck zu setzen. „Regierungen sind alles andere als unsensibel in Bezug auf äusseren Druck. Und wenn die Aufmerksamkeit der Welt sich auf einen ihrer Schwachpunkte konzentriert, kann diese manchmal erreichen, dass diese Regierungen nachgeben müssen“, so Benenson. Die Aktionen führten häufig zu Verbesserungen der Haftbedingungen oder gar zu Freilassungen.

Im Sekretariat von Amnesty International Schweiz arbeiten heute mehr als 50 Leute in Bern, Lausanne und Lugano. Das Sekretariat koordiniert die Aktionen der Aktivmitglieder, kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit, lobbyiert auf Bundesebene und beschafft die finanziellen Mittel für die Schweizer Sektion. Amnesty International ist aber nach wie vor eine Freiwilligenorganisation. Es bestehen zahlreiche Möglichkeiten, sich für die Menschenrechte zu engagieren, nicht zuletzt in den verschiedenen Lokal- und Themengruppen. Anfänglich lag der Fokus auf dem Engagement zugunsten der Gewissensgefangenen, doch bald folgten Kampagnen gegen die Folter oder die Todesstrafe. Heute gehören auch Flash-Mobs und Demonstrationen zum AI-Repertoire, und die Adressaten der Aktionen sind nicht mehr nur Repressions-Regimes, sondern auch die Schweiz oder die UNO. Die Themen von Amnesty Schweiz sind dabei sehr breit gefächert und decken beispielsweise Frauenrechte, Asyl und Migration, Armut und Menschenrechte oder Waffenhandel ab.
Bestandesgeschichte
Der Bestand umfasst grundsätzlich alle Akten, die älter als zehn Jahre sind. Was nach 2003 ins Berner Sekretariat gelangte, ist unter der Signaturgruppe "AI Z" erfasst. Speziell zu erwähnen sind hier die Handakten von Dan Gallin, die auch die allerersten Aktivitäten der Genfer Gruppe in den 1960-er Jahren dokumentieren, sowie die Handakten von Fritz Schneider aus den frühen 1970-er Jahren.

Die Zentralablage des ersten Büros von Amnesty International Schweiz (eröffnet 1976) findet sich in der Signaturgruppe "AI C 011". In der Serie "AI C 012" sind die Jahre 1982-1991 dokumentiert. Handakten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus diesem Zeitraum wurden in den Aktenserien AI B-E abgelegt.

Die Serie AI A deckt die Tätigkeit der Aktivistinnen und Aktivisten ("militants") ab. Hier sind auch die Aktivitäten der Gruppen dokumentiert (AI A 009). Die Gruppenakten stellen keine Provenienzbestände dar; vielmehr handelt es sich um Kopien von Protokollen und weiteren Akten, die im Sekretariat gesammelt wurden.

Die sogenannte Geschäftsleitung in den 1970er und 80er-Jahren (Serie AI A 002) stellt eigentlich den Geschäftsausschuss des Vorstands dar. Eine im Organigramm verankerte Geschäftsleitung besteht erst seit 2006. Diese wiederum trat an die Stelle der Direktion (2001-2005). Zwischen 1992 und 2001 bestand ein "Management", das aus der Generalsekretärin bzw. dem Generalsekretär und dem Chef Administration/Finanzen gebildet wurde.
Übernahmemodalitäten
Übernahme aus dem Sekretariat an der Speichergasse 33 in Bern am 5. März 2013. Die Übernahme wurde von Laurent Mousson betreut. Nachlieferung im Umfang von 44 Archivschachteln am 28.07.2016.

Inhalt und innere Ordnung

Form und Inhalt
Organisationsarchiv mit Unterlagen aus dem Zeitraum bis ca. 2002. Die Akten der letzten zehn Jahre, d.h. ab ca. 2003, werden im Sekretariat in Bern aufbewahrt.

Mit dem Archiv gelangte auch die Plakatsammlung der Schweizer Sektion ins Sozialarchiv (Standort: Abteilung Bild+Ton).
Bewertung und Kassation
Kassiert wurden Doppel- und Mehrfachexemplare, Buchhaltungsunterlagen rein administrative Akten sowie Dokumente von Dritten. Personalakten und Asyldossiers werden weiterhin im Berner Sekretariat aufbewahrt.
Neuzugänge
Es werden Neuzugänge erwartet.

Zugangs- und Benutzungsbedingungen

Zugangsbestimmungen
Für den Bestand gelten Benutzungsbeschränkungen. Davon betroffen sind insbesondere die Asylgesuche sowie die Handakten von Marta Fotsch. Eine Einsichtnahme für wissenschaftliche Zwecke ist möglich, setzt aber eine Bewilligung von AI-CH voraus.
Sprache/Schrift
Unterlagen vorwiegend in deutscher, französischer und italienischer Sprache

Sachverwandte Unterlagen

Verwandte Verzeichnungseinheiten
Archivbestände Jahresberichte Amnesty International, Schweizer Sektion Zeitschriften Amnesty International, Schweizer Sektion Jahresberichte Amnesty International (London) Zeitschriften Amnesty International (London) Schriften für Amnesty International (Tübingen, AS-Verlag)
Veröffentlichungen

Verzeichnungskontrolle

Informationen der Bearbeiter*in
Der Bestand wurde im Jahr 2012 im Sekretariat in Bern bearbeitet (Projektleitung: Laurent Mousson).